
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sehr geehrte Frau Raubold, mit Betroffenheit habe ich die Nachricht vom Ableben von Dr. Eckart Raubold erfahren. Obwohl unserer Zusammenarbeit lange zurückliegt, erinnere ich mich an ihn als kompetenten, stets auch in kritischen Situationen fairen und verbindlichen Kollegen, der beim Start des (weiland Instituts, jetzt) Fachbereich Informatik der Universität Hamburg engagiert mitgeholfen hat. Mit Dr. Raubold, damals im Rahmen des Rechenzentrums von DESY (Leitung: Dr. Wüst) als Leiter des Arbeitsbereichs "R3" zuständig für die verteilten Experimente- rechner und insofern auch enger Berater an wichtigen Experimenten der Hochernergie- Physik, habe ich zunächst im Rahmen der Vernetzung der IBM-Großrechner (/360-65 und -75) mit den Experimenterechnern zusammengearbeitet, nachdem ein enger Mitarbeiter von Dr. Raubold bei einem Unfall ums Leben kam und mir (als damaligem Mitarbeiter am Zentral-RZ "R1") dessen Aufgaben zugewiesen wurden. Zu diesem Netzwerk mit seinen DEC-Rechnern hat Dr. Raubold maßgeblich das Konzept des Vermittlungsrechner "PDA" (=Parallel Data Adapter) beigetragen, welches später von Digital Equipment als Grundlage der Vernetzung on DEC/PDP-rechnern verschiedener Architekturen ausgebaut wurde (später hier insbesondere unterstützt von Prof. Dr. Nagel). Bei der Gründung des Instituts für Informatik waren Dr. Raubold und ich vom DESY- Direktorium delegiert worden, und Dr. Raubold hat auch die Grundlagenkonzepte für die Einführungsvorlesung "Elektrotechnischen Grundlagen der Informatik" samt Praktika vorgelegt, wie er auch im Rahmen des "Überregionalen Forschungsprogrammes (ÜRF) Informatik" den Antrag auf die entsprechende Forschungsgruppe formuliert und erfolgreich verfolgt hat. Zum allgemeinen Bedaueren wollte er sich aber leider nicht der Informatik auf der entsprechenden Professur anschließen (diese wurde dann von Prof. Dr. Wendt besetzt). Aber er begleitete die Institusgründung weiter von DESY aus, und er hat uns auch bei der Auswahl des "Informatik-Rechners" (PDP-10) und der Gestaltung des zugehörigen Netzwerkes von PDP-Rechnern für die ersten Forschungsgruppen mit seinen reichhaltigen Erfahrungen nachbaltig unterstützt. Dr. Raubold hat sich sowohl um DESY wie insbesondere um den Aufbau der Hamburger Informatik große Verdienste erworben. Nicht nur ich selbst, sondern meine Kollegen werden ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren. Dr. Klaus Brunnstein (Kollege bei Desy von 1967 bis 1973, Informatik seit 1973). -----Original Message----- From: Rüdiger Grimm [mailto:grimm@uni-koblenz.de] Sent: Sunday, October 17, 2010 3:15 PM To: Leitungsgremium des SIT; Leitungsgremium des GI-Fachbereiches Sicherheit; Klaus Brunnstein; Guenter Mueller; Alexander Roßnagel; Patrick Horster; Ulrich Ultes-Nitsche; Heinz-Jürgen Burkhardt; Bruno Struif; Heinz Thielmann; Michael Waidner; Bernhard Plattner; Cornelia Winter; Stefan Jänichen; Klaus Ullmann; Peter Kaufmann; Oswald Drobnik; Peter Ochsenschläger; Dirk Fox; Volker Hammer; Alcatel-Lucent-Stiftung; Antje Raubold Subject: Eckart Raubold am 5.10.2010 gestorben Liebe Kolleginen und Kollegen, im Darmstädter Echo erschien am gestrigen Samstag die Todesanzeige unseres ehemaligen Institutsleiters der GMD Darmstadt (heute Fraunhofer SIT), Dr. Eckart Raubold. Er ist am 5. Oktober dieses Jahren mit 72 Jahren verstorben. Da Eckart Raubld mein Doktorvater war und ich (wie sehr viele andere) viel von ihm gelernt habe und mich ihm nahe fühle, erlaube ich mir hier eine persönliche, sicherlich nicht vollständige Sicht auf sein Wirken. Eckart Raubold war zu seiner Zeit erst als Leiter des DESY-Rechenzentrums Hamburg, dann in der GMD Darmstadt und danach in der Deutschen Telekom, ab etwa 1975 bis in den Beginn des jetzigen Jahrhunderts, vor allem aber in den achtziger und neunziger Jahren, einer der ganz Großen auf dem Gebiet der Computernetze und Systemkommunikation. Er wirkte maßgeblich am Aufbau des Deutschen Forschungsnetzes DFN mit. - Eckart Raubold: ISDN and X25 (Invited paper). IFIP Congress 1986: 177-184. - Eckart Raubold: Structuring Concepts for Distributed Systems: The Communication Aspect (Extended Abstract). ECI 1981: 201-204. - Friedrich Hertweck, Eckart Raubold, Friedrich H. Vogt: X 25 Based Process - Process Communication. Computer Networks 2: 250-270 (1978) - Eckart Raubold: Rechnernetze in der BRD - ein Situationsbericht. Rechnernetze und Datenfernverarbeitung 1976: 29-38 Unter Anderem war er ein geistiger Vater der IT-Sicherheit für offene Netze. Der Gedanke, dass es sich hierbei nicht um ein rein technisches Problem handelt (wie etwa noch durch das Bell-LaPadula-Modell suggeriert), sondern dass die Menschen mit ihren Konflikten Teil aller technischen Sicherheitsmodellierung sein müssen, stammt von ihm. Seine Perspektive war, nicht Konflikte aus dem Netz wegzuspezifizieren, sondern eine verlässliche Kommunikationstechnik zu bauen, die konfligierende Kommunikation zulässt. Er suchte früh die interdisziplinäre Zusammenarbeit, etwa mit dem Juristen Alexander Roßnagel. 1989 erwarb er den Forschungspreis der Alcatel-Lucent-Stiftung für Kommunikationsforschung zum Thema "Offene und sichere Kommunikation". Folgerichtig haben Andreas Pfitzmann, dessen frühen Tod wir gerade betrauern, und Eckart Raubold viele Jahre zusammengearbeitet. Andreas Pfitzmann und er organisierten die erste VIS-Konferenz 1991 in Darmstadt: - Andreas Pfitzmann, Eckart Raubold: VIS'91, Verläßliche Informationssysteme, GI-Fachtagung, Darmstadt, 13.-15. März 1991, Proceedings Springer 1991. Eckart Raubold war kein großer Schreiber. Es ist außer den oben zitierten Beiträgen kaum Schriftliches von ihm hinterlassen. Daher kennen ihn heute leider nur wenige der "jungen Leute". Gleichwohl hat er Bedeutendes bewirkt. Sein Medium war das gesprochene Wort, er hatte eine beeindruckende Präsenz und glänzte in Diskussionbeiträgen und Vorträgen. Alle, die in den siebziger bis neunziger Jahren in Deutschland (und ebenso international) auf dem Gebiet der Computernetze unf IT-Sicherheit gewirkt haben, kennen und schätzen ihn, ich habe einige von ihnen in diese E-Mail per CC mit eingeschlossen. Unter anderem war er Honorarprofessor am Fachbereich Informatik der Universität Frankfurt. Zum Ende seiner beruflichen Laufbahn wirkte er bis zum Beginn der 2000er Jahre als Forschungleiter der Deutschen Telekom. Ich möchte mit diesen Hinweisen helfen, ihm in unserer Community und darüber hinaus ein ehrendes Andenken zu bewahren. Freundliche Grüße --- Rüdiger Grimm